Pressemitteilung: 175/2024
Magdeburg, den 16.04.2024

Polizeiliche Verkehrsunfallbilanz 2023: Zahl der Schwerverletzten auf niedrigstem Stand seit der Aufzeichnung

Im vergangenen Jahr hat es in Sachsen-Anhalt erneut deutlich weniger Verkehrsunfälle gegeben als noch in den Vor‑Corona‑Jahren. Dennoch erfasste die Landespolizei 69.325 Verkehrsunfälle und damit drei Prozent beziehungsweise 1.883 Fälle mehr als im Vorjahr. Das geht aus der Polizeilichen Verkehrsunfallbilanz für das Jahr 2023 hervor, die Innenministerin Dr. Tamara Zieschang am Dienstag gemeinsam mit Verkehrsreferentin Janine Herfen vorstellte:

„Auf Sachsen-Anhalts Straßen ereignete sich im vergangenen Jahr rechnerisch alle acht Minuten ein Verkehrsunfall. Mit einer leichten Zunahme des Unfallgeschehens im Vergleich zum Vorjahr folgen wir damit dem Bundestrend. Erfreulich ist, dass trotz des Anstiegs ein deutlicher Rückgang von Schwerverletzten und tödlich Verunglückten zu verzeichnen ist. Die unermüdliche Verkehrssicherheitsarbeit unserer Landespolizei trägt zu dieser positiven Entwicklung bei. Die Vision Zero bleibt auch in Zukunft unser Ziel.“, so Innenministerin Dr. Tamara Zieschang.

Deutlich weniger Verkehrstote und Schwerverletzte: Nachdem sich das Mobilitätsverhalten der Menschen in Sachsen-Anhalt im Jahr 2022 wieder jenem vor der Corona-Pandemie annäherte, entsprach es im letzten Jahr wieder vollends der Vor-Corona-Zeit. Mit 9.909 Menschen verunglückten zwar 120 Menschen (beziehungsweise ein Prozent) mehr als in 2022. Die Zahl der Schwerverletzten sank im Vergleich zum Vorjahr aber um sieben Prozent auf 1.757 und stellt damit den niedrigsten Wert seit Einführung der Verkehrsunfallstatistik dar.

Landesweit kamen im Jahr 2023 insgesamt 130 Menschen bei 120 Unfällen ums Leben. Das sind 22 Menschen (beziehungsweise 14 Prozent) weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Getöteten liegt damit auch leicht unter dem Niveau der Vor-Corona-Jahre.

Auf den Bundesautobahnen in Sachsen-Anhalt starben 26 Menschen (2022: 27) bei Verkehrsunfällen. Mit 189 Schwerverletzten sank die Anzahl im Vergleich zu 2022 um 18 Prozent beziehungsweise um 42 Schwerverletzte. Ein erfreulicher Rückgang ist bei den Stauende-Unfällen festzustellen: Im Jahr 2023 ereigneten sich 137 solcher Unfälle und damit 107 (‑ 44 Prozent) weniger als im Vorjahr. Die Anzahl der Verunglückten bei Stauende-Unfällen ist sogar um mehr als 60 Prozent zurückgegangen (2023: 73; 2022: 186). In allen Fällen war die Hauptunfallursache der ungenügende Sicherheitsabstand.

Wildunfälle bleiben Hauptursache: Die Rangliste der Hauptunfallursachen führt im achten Jahr in Folge die Unfallursache „Wild auf der Fahrbahn“ an, gefolgt von Unfällen durch Fehler beim Wenden, Rangieren und Rückwärtsfahren (7.486 Fälle) sowie durch zu geringen Abstand (7.275 Fälle). Im Jahr 2023 waren somit bei jedem fünften Unfall in Sachsen-Anhalt Wildtiere ursächlich. Insgesamt wurden 13.691 Wildunfälle erfasst – das waren zwei Prozent mehr als im Vorjahr. In drei Viertel der Fälle stießen die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer mit Rehwild zusammen. Dabei sind die Morgen- und Abendstunden zwischen fünf und sieben Uhr beziehungsweise zwischen 20 und 22 Uhr die Hauptunfallzeiten. Überwiegend blieb es bei Unfällen mit Sachschaden. Bei 125 Wildunfällen (2022: 114) wurden 23 Menschen schwer und 116 leicht verletzt. Eine Person verlor ihr Leben.

Unangepasste Geschwindigkeit ist meist Ursache bei schweren Unfällen: Trotz einem Rückgang von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist bei schweren Verkehrsunfällen die nicht angepasste Geschwindigkeit auch weiterhin die Hauptunfallursache. Von den insgesamt 120 Unfällen mit tödlichem Ausgang waren allein 36 und damit beinahe jeder dritte Unfall auf überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen.

Bei den insgesamt 1.247 Verkehrsunfällen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss verletzten sich auf Sachsen-Anhalts Straßen knapp 700 Menschen, acht weitere kamen ums Leben. Damit befinden sich die Unfallzahlen und die Anzahl der Verunglückten auf dem Niveau des Vorjahres. Im Jahr 2023 wurden bei Kontrollen in 2.644 Fällen das Fahren unter Alkoholeinfluss und in 2.123 Fällen das Fahren unter Drogeneinfluss festgestellt. Die Zahl der sogenannten folgenlosen Drogenfahrten ist damit um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: „Ob Raserei oder Alkohol und Drogen am Steuer – ein solches Verhalten gefährdet nicht nur das eigene Leben, sondern auch das aller übrigen Verkehrsteilnehmer. Erschreckend ist der Anstieg der Fahrten unter Drogeneinfluss. Mit Blick auf das neue Cannabisgesetz wird die Landespolizei erst recht konsequent weiter kontrollieren – denn jede Feststellung ist ein möglicher Unfall weniger.“

Anzahl der getöteten Fußgänger deutlich gestiegen: Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen, sind grundsätzlich schlechter geschützt als Autofahrende und somit einem höheren Risiko für schwerwiegende Unfallfolgen ausgesetzt. In Sachsen-Anhalt wurden im vergangenen Jahr 683 Fußgängerinnen und Fußgänger bei Verkehrsunfällen verletzt (2022: 657). Einen Höchststand seit Beginn der Erhebung der Polizeilichen Verkehrsunfallbilanz erreichte die Anzahl der getöteten Fußgänger: 20 zu Fuß Gehende und damit vier mehr als im Vorjahr kamen zu Tode. Ein Drittel der getöteten Fußgängerinnen und Fußgänger war 65 Jahre und älter. Bei jedem dritten Unfall waren die Fußgänger auch die Verursacher. Neben dem unachtsamen Betreten der Straße waren die Hauptgründe das bei Rot über die Ampel gehen und Ablenkung.

Anzahl der getöteten Fahrradfahrenden halbiert: Mit 2.682 Verkehrsunfällen von Fahrradfahrenden bewegt sich die Anzahl der Fahrradunfälle in etwa auf dem gleichen Niveau des Vorjahres (‑ 20 Fälle). Insgesamt verunglückten im vergangenen Jahr 2.009 Fahrradfahrende. Ein positiver Trend ist bei der Anzahl der getöteten Radfahrenden festzustellen: Mit elf getöteten Radfahrenden halbierte sich die Anzahl im Jahr 2023 und erreicht damit den zweitniedrigsten Wert seit 2007. Knapp drei Viertel der tödlich verunglückten Fahrradfahrenden ist der Altersgruppe der Senioren ab 65 Jahren zuzuordnen, gut jede oder jeder Dritte ist über 75 Jahre alt. Für mehr als die Hälfte der Unfälle waren die Radfahrerinnen und Radfahrer selbst verantwortlich. 78 Prozent der getöteten Radfahrenden (Fahrrad und Pedelec) trugen nachweislich keinen Helm.

Die zunehmende Anzahl von Pedelecs im Straßenverkehr macht sich auch im Unfallgeschehen bemerkbar. Insgesamt ereigneten sich 276 Verkehrsunfälle mit Pedelec‑Beteiligung (2022: 229). Dabei verunglückten insgesamt 225 Menschen. Drei Menschen – davon zwei Senioren ab 75 Jahren – kamen im vergangenen Jahr bei diesen Unfällen auf den Straßen im Land ums Leben.

Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: „Ob die Menschen mit dem Fahrrad oder dem Pedelec unterwegs sind – wir wollen, dass sie auch ohne schützende Knautschzone sicher ans Ziel kommen. Dazu gehört in erster Linie, dass sich alle Verkehrsteilnehmenden an die Regeln halten. Denn eine Vielzahl der Unfälle lässt sich bei Nutzung der richtigen Straßenseite, der erforderlichen Vorsicht und Rücksichtnahme sowie der entsprechenden Verkehrstüchtigkeit vermeiden. Regelmäßige Informationsangebote – unter anderem an Radaktionstagen im Rahmen der Verkehrssicherheitskampagne #MenschaufmRad-Sicher durch den Verkehr – werden von der Landespolizei angeboten. Dabei werden auch Aspekte wie der ‚tote Winkel‘ und die Sichtbarkeit thematisiert. So werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch zum Tragen von hellen oder reflektierenden Kleidungsstücken sowie eines Fahrradhelmes motiviert.“

Aufgrund der Größe und höheren Masse der Güterkraftfahrzeuge ziehen Lkw-Unfälle meist schwere und schwerste Folgen nach sich. Im Jahr 2023 registrierte die Landespolizei insgesamt 9.510 Lkw-Unfälle (2022: 9.229) mit 386 verunglückten Lkw-Nutzenden (2022: 379). Die Zahl der Schwerverletzen sank zwar deutlich (2023: 65; 2022: 98), die Anzahl der Leichtverletzten stieg allerdings um 39 auf 302 Fälle. Insgesamt starben in Sachsen-Anhalt 36 Menschen nach Unfällen mit Lkw-Beteiligung (2022: 42), davon 19 im Lkw, zehn im Pkw, zwei Kradfahrer, ein Fahrradfahrer und vier Fußgänger.

„Um die Verkehrssicherheit weiterhin zu erhöhen, beteiligt sich die Landespolizei regelmäßig an bundes- und europaweiten Kontrollaktionen. Mit wechselnden Schwerpunkten wird so auf die Risiken und teils schwerwiegenden Folgen beispielsweise durch Ablenkung, zu hohe Geschwindigkeiten oder technische Mängel an den Fahrzeugen aufmerksam gemacht. Die konsequente polizeiliche Verkehrsüberwachung wird außerdem durch wiederkehrende verkehrspräventive Aktionen ergänzt. Um das Unfallgeschehen zu minimieren, beteiligt sich Sachsen-Anhalt neben der Kontrolle des Personen- und Güterverkehrs unter anderem auch am sogenannten Speed-Marathon.“ ergänzt Innenministerin Dr. Tamara Zieschang.

Junge Erwachsene und Senioren ab 75 Jahren sind besonders betroffen: Erstmals seit 2016 stieg die Unfallzahl bei den jungen Erwachsenen (18 bis 24 Jahre) über die Marke von 10.000 Verkehrsunfällen. Diese Altersgruppe war im vergangenen Jahr, bezogen auf den Bevölkerungsanteil, überdurchschnittlich häufig in Verkehrsunfälle verwickelt. Knapp 70 Prozent der 10.311 Verkehrsunfälle (+ sechs Prozent) haben die jungen Erwachsenen selbst verursacht. Zehn junge Erwachsene kamen dabei ums Leben (2022: 9).

Der wachsende Bevölkerungsanteil der über 65-Jährigen spiegelt sich auch in der Anzahl der Verkehrsunfälle wider. An 16.052 Verkehrsunfällen waren Menschen dieser Altersgruppe beteiligt. Die Zahl dieser Unfälle stieg damit um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl derjenigen, die im Straßenverkehr starben, sank um 19 auf 41 Menschen. Damit stellen die Seniorinnen und Senioren ein Drittel aller im Straßenverkehr Getöteten dar. In knapp drei Viertel aller Fälle ist diese Altersgruppe auch selbst Verursacher des Unfalls.

Durch die Landespolizei werden Rahmen der aktuellen Präventionskampagne „Wir wollen, dass Sie sicher mobil bleiben!“ flächendeckend Informationsveranstaltungen und Trainings für Seniorinnen und Senioren angeboten. So besteht beispielsweise die Möglichkeit der Teilnahme an Schulungen zu straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften bzw. Neuerungen, Fahrrad- und Pedelec-Parcours, Reaktionstests oder dem Rollator-Führerschein.

 

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