Fortschrittsbericht ?Aufbau Ost? für das Jahr 2003 / Finanzminister Paqué: ?Brauchen sachliche Diskussion?
Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 393/04 Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 393/04 Magdeburg, den 28. September 2004 Fortschrittsbericht ¿Aufbau Ost¿ für das Jahr 2003 / Finanzminister Paqué: ¿Brauchen sachliche Diskussion¿ Die Landesregierung hat heute den Fortschrittsbericht ¿Aufbau Ost 2003¿ des Landes Sachsen-Anhalt beschlossen. Dieser jährlich vom Finanzministerium vorgelegte Bericht gibt Auskunft über die Verwendung der Solidarpakt-Mittel und die finanzwirtschaftliche Entwicklung von Land und Kommunen. Finanzminister Karl-Heinz Paqué: ¿Der Bericht zeigt deutlich, dass die erhaltenen SOBEZ (Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen) einen unverzichtbaren Beitrag zum Aufbau Ost leisten. Ohne die rund 1,66 Milliarden Euro, die Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren jährlich an SOBEZ erhalten hat, wäre es für Land und Kommunen unmöglich gewesen, doppelt so hohe Investitionsausgaben zu leisten wie Vergleichsländer im Westen der Bundesrepublik. 2003 lagen die investiven Ausgaben in Sachsen-Anhalt bei rund 955 Euro pro Einwohner (ohne Fluthilfeausgaben), in den finanzschwachen Flächenländern West (FFW) waren es nur rund 490 Euro pro Einwohner. Die Gelder aus dem Solidarpakt II tragen damit maßgeblich zur Schließung der Infrastrukturlücke bei. Es kann nicht die Rede davon sein, in den neuen Bundesländern würden Solidarpakt-Mittel in Größenordnungen verschwendet. Manche Rechenmethoden mögen zu Fehlinterpretationen einladen. Die Erfolge der neuen Länder beim Aufbau Ost lassen sich jedoch nicht durch ein vereinfachtes Berechnungsschema erfassen. Der Vergleich mit westdeutschen Ländern zeigt deutlich: Der Großteil der Mittel fließt in die dafür vorgesehenen Verwendungszwecke. Es muss aber klar gesagt werden, dass wir noch einen harten Weg vor uns haben. Hohe Schulden, noch vorhandene Strukturdefizite und drastische Steuerausfälle bauen hohe Hürden auf. Land und Kommunen haben in den vergangenen Jahren kräftig konsolidiert und das Ausgabenwachstum beschränkt. Die andere Seite der Medaille ist, dass dies unvermeidlich auch auf Kosten der Investitionen geschieht.¿ Bei der Betrachtung der Investitionen, die in Sachsen-Anhalt im Vergleich zu den finanzschwachen Flächenländern West überproportional aus eigenen Mitteln (also aus SOBEZ-Mitteln) geleistet wurden ¿ diesem Berechnungsmodus folgen mehrere neue Länder und auch der Bund hat sie im Vorjahr als geeigneten Indikator für den Aufbau Ost bezeichnet ¿, zeigt sich, dass 69 Prozent der SOBEZ ( 2002 waren es 71 Prozent) zweckgerecht verwendet werden. D.h. sie flossen in Infrastrukturmaßnahmen, in die Finanzierung teilungsbedingter Sonderlasten und den Ausgleich der unterproportionalen Finanzkraft der Kommunen. So hat Sachsen-Anhalt im Vergleich 441 Millionen Euro mehr an eigenfinanzierten Investitionen geleistet als der Durchschnitt der finanzschwachen Flächenländer West. Dazu kommen 287 Millionen Euro als Ausgleich für die Steuerschwäche der Kommunen und 421 Millionen Euro für die Lasten aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen sowie den kommunalen Altschulden der DDR. Die Schwerpunkte der Investitionsausgaben lagen in den Bereichen mit hohen Infrastrukturdefiziten. So wurden im Straßenbau in Sachsen-Anhalt in den Jahren 2000 bis 2003 Bauinvestitionen in Höhe von 530 Euro je Einwohner geleistet, in den FFW waren es lediglich 306 Euro. In die Hochschulen flossen 106 Euro pro Einwohner an Investitionen in diesen Jahren, in den FFW waren es 51 Euro. In Städtebau und -planung wurden in Sachsen-Anhalt in diesem Zeitraum 221 Euro je Einwohner investiert, in den FFW waren es nur 35 Euro. Paqué warnte vor nachlassenden Anstrengungen im Aufholprozess. Der Bund habe seine investiven Leistungen seit Mitte der 90er Jahre um mehr als ein Drittel zurückgeführt. ¿Wenn der Bund seinen zugesagten Beitrag zur Schließung der Infrastrukturlücke in den neuen Ländern erbringen will, muss er künftig mehr leisten. Da klafft eine deutliche Lücke zwischen Wort und Tat¿, so der Finanzminister. Das Finanzministerium leitet den Bericht dem Finanzplanungsrat zu, der die Fortschrittsberichte im November erörtern wird. Verschiedene Berechnungsarten Die Grundfrage bei der Diskussion um den ordnungsgemäßen Einsatz der Solidarpaktmittel ist, wie die investive Verwendung ermittelt wird. Dabei ist zu beachten, dass die SOBEZ als allgemeine Zuweisungen in den Haushalt fließen, so wie Steuern oder Gebühren. Sie sind also nicht von vorn herein zweckgebunden veranschlagt. Deshalb muss im Nachhinein die Verwendung der SOBEZ ermittelt werden. Dazu sind verschiedene Berechnungsmethoden möglich. Neben der eingangs aufgemachten Rechnung, die auf Vergleichswerten mit Basisinvestitionen in den finanzschwachen Flächenländern West fußt, bezieht das vom Bund favorisierte Berechnungsschema die Neuverschuldung mit ein, lässt dafür aber die Vergleichsländer außer Betracht. Danach liegt der Verwendungsnachweis für Sachsen-Anhalt bei 56 Prozent (in 2002 waren es rund 46 Prozent). Hier wird von den getätigten Investitionen des Landes und der Kommunen unter Abzug der empfangenen Zuweisungen für Investitionen die jeweilige Nettokreditaufnahme abgezogen . Der Saldo wäre dann der Betrag, der als investive Verwendung der SOBEZ ermittelt wird. Nach dieser Methode wurde bisher gerechnet. Sie beinhaltet gleich mehrere Stolpersteine: zum einen wird durch die Einbeziehung der Kreditaufnahme nicht nur das Berichtsjahr betrachtet. Vielmehr ist eine hohe Kreditaufnahme oft Folge hoher Zinsbelastung oder eines nicht konsequent durchgesetzten Personalabbaus, die aber aus vergangenen Zeiträumen resultieren. Zum anderen wird unterstellt, dass ein Landeshaushalt plötzliche Steuerausfälle ohne Erhöhung der Neuverschuldung, also vollständig durch Absenkung der konsumtiven Ausgaben, kompensieren kann. Nur dann könnte bei gleichbleibenden Investitionen auch ein gleich hoher SOBEZ-Nachweis erbracht werden. Aus der Erfahrung der letzten Jahre bei fast allen Ländern und dem Bund ergibt sich aber das Gegenteil. Erhebliche Steuerausfälle führen praktisch immer zu einer Erhöhung der Nettokreditaufnahme und/ oder zu einer Kürzung von Investitionen. Ein besseres Ergebnis liefert die eingangs dargestellte Berechnungsmethode, die auf dem Vergleich der Investitionen mit dem Niveau der finanzschwachen Flächenländer West basiert. Ermittelt wird zunächst, welche Investitionen abzüglich der Zuweisungen Dritter getätigt werden. Dann wird verglichen, in welcher Höhe dies die Vergleichsländer tun (der Vergleich erfolgt pro Einwohner). Die Investitionen, die über dem Vergleichswert liegen, gelten als überdurchschnittlich und werden damit aus den SOBEZ finanziert. Nur dieser überdurchschnittliche Anteil der Ausgaben ermöglicht einen zusätzlichen Fortschritt beim Aufbau Ost. Diese Berechnungsmethode haben einige neue Länder im diesjährigen Fortschrittsbericht gleichrangig zur Anwendung gebracht. Auch der Bund hat diese Methode in seiner Vorjahresstellungnahme zu den Berichten der Länder als geeigneten Indikator für die Fortschritte beim Aufbau Ost bezeichnet. Als wesentlicher Unterschied zwischen beiden Methoden ergibt sich, dass bei der ersten Variante diejenigen Länder eine hohe zweckentsprechende Verwendung bescheinigt bekommen, die aufgrund geringer ¿Altlasten¿ eine geringe Neuverschuldung haben (Sachsen). Dagegen werden bei der zweiten Variante die Länder hervorgehoben, die tatsächlich im jeweiligen Jahr überproportional investiert haben (im Vorjahr: Brandenburg). Dies macht deutlich, wie wenig aussagefähig ein vereinfachtes Berechnungsschema sein kann. Vielmehr bedarf jedes Schema einer sorgfältigen Interpretation. Darüber hinaus ist zu hinterfragen, welcher Investitionsbegriff der Nachweisführung zugrunde liegt. In Abgrenzung des Haushaltes ist das als Investition zu betrachten, was einen bestimmten Mindestanschaffungswert hat. Zum Beispiel: Der Kauf eines Autos. Dagegen sind konsumtive, also verbrauchende Ausgaben die, die wie in einem Unternehmen als laufende Kosten anfallen. Zum Beispiel: Die Bezahlung von Hochschullehrern und laufende Zuschüsse für die Forschung. Hier bleibt die potentielle Wirkung auf die Zukunft eines Landes völlig unberücksichtigt . Deshalb ist ein Dialog um eine neue Definition des verwendeten Investitionsbegriffs erforderlich. Um zu verdeutlichen, welche Auswirkungen die Wahl des Berechnungsmethode auf den Nachweis der SOBEZ-Verwendung hat, seien im Folgenden die Ergebnisse nach den verschiedenen Methoden und auf Grundlage der Daten der Länder einerseits sowie des Bundes andererseits für das Jahr 2002 dargestellt (für 2003 liegen noch nicht alle Berichte vor): a) bisherige Berechnungsmethode 2002 (nach Darstellung der Länder) in Euro je Einw. BB MV SN ST TH 1. investive Verwendung nach Abzug des Finanzierungssaldos* 118 136 534 0 111 2. Ausgleich der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft 156 176 113 115 335 3. teilungsbedingte Lasten** 178 186 167 184 168 4. Nachweis der Verwendung der SOBEZ (1. + 2. + 3.) 452 498 814 299 614 5. erhaltende SOBEZ 577 635 630 648 629 6. Verwendung in vH der SOBEZ 78,3 78,4 129,2 46,1 97,6 * einschl. Fehlbetrag 2002 bei Brandenburg sowie einschl. steuerbedingtem Anrechnungsbetrag des Finanzierungssaldos bei Mecklenburg-Vorpommern; Thüringen nur Landesebene **Sachsen hat in seinem Fortschrittsbericht 2002 keine teilungsbedingten Lasten dargestellt, aus Gründen der Vergleichbarkeit wurden die Zahlungen Sachsens für die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR mit einbezogen. b) alternative Berechnungsmethode 2002* (1) in Euro je Einw. BB MV SN ST TH 1. überproportionale eigenfinanzierte Investitionen für Infrastruktur (FFW = 318 Euro je Einw.) 308 230 244 174 64 2. Ausgleich der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft 156 176
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