Gesundheitsminister Bischoff: Vorschulkinder weitgehend gesund ? Elternverhalten hinterfragen / Langzeitreihe ?Schulanfängerstudie? beendet
800x600 Eine in dieser Form bundesweit einmalige Langzeitstudie zur Kindergesundheit setzt nach 23 Jahren ihren Schlusspunkt. Gesundheitsminister Norbert Bischoff stellte am Dienstag in Magdeburg die Ergebnisse der 7. und damit letzten Schulanfängerstudie Sachsen-Anhalt vor. Der Bericht ist ein Kooperationswerk des Landesamtes für Verbraucherschutz mit Gesundheitsämtern in Kreisen und Städten. Für den Abschlussbericht hatten in den Jahren 2010 bis 2013 noch einmal fast 5.100 Kinder und Eltern aus Magdeburg, Halle, Merseburg, Halberstadt und aus der Altmark teilgenommen. Insgesamt wurden damit seit 1991 Daten von fast 39.000 Kindern im Alter von vier bis sechs Jahren erhoben und anonymisiert ausgewertet. Künftig wird für das Bewerten des Gesundheitszustandes von Kindern die in den Vorjahren deutlich ausgebaute Gesundheitsberichterstattung des Landes Daten und Fakten liefern. Bischoff betonte: ?Die meisten Kinder im Vorschulalter in Sachsen-Anhalt sind gesund und leben gesund. Eltern achten zu großen Teilen auf ein gesundes Aufwachsen ihrer Kinder. Das macht mich zuversichtlich. Es wächst also eine weitgehend gesunde und sich gesund verhaltende Generation heran. Wer in jungen Jahren Freude daran hat, sich gesund zu verhalten, der wird auch später als Erwachsener auf seine Gesundheit achten und dieses Bewusstsein wiederum seinen Kindern mit auf den Weg geben.? Erfreut hob Bischoff das Studienergebnis hervor, dass die seit 1991 deutlich verbesserte Umweltsituation in Sachsen-Anhalt positive Auswirkungen auf viele Faktoren der Atemwegsgesundheit hatte. Zu den Kernaussagen nach 23 Jahren Schulanfängerstudie gehören, dass Bronchitis und Lungenentzündung seit 1991 auf dem Rückzug sind. Die Studie macht aber ebenso deutlich, dass Gesundheit und Gesundheitsverhalten immer auch stark vom sozialen Status der Elternhäuser abhängig sind. So sind Kinder in sozial schwierigen Elternhäusern (geringer Bildungsabschluss und nicht immer in Beschäftigung) häufiger übergewichtig und müssen öfter wegen Bronchitis im Krankenhaus behandelt werden. Auffällig bleibt: Nach wie vor rauchen viele junge Frauen auch während der Schwangerschaft. Bischoff mahnte: ?So sehr wir uns über eine deutlich sauberere Außenluft als 1991 freuen können. Sie nützt der Gesundheit nur bedingt, wenn die Kinder zugleich in der elterlichen Wohnung permanent Zigarettenrauch ausgesetzt werden.? Der Minister betonte in Auswertung der Studie: ?Ziel ist es, mit Präventionsangeboten noch stärker und konkreter an Eltern heranzutreten. Es gibt kein Patentrezept für alle. Vielmehr müssen wir individuelle Verhaltens- und Lebensweisen berücksichtigen und darauf die Präventionsangebote maßgeschneidert anbieten.? Bischoff betonte: ?Das Verhalten der Eltern beeinflusst nicht unwesentlich das Verhalten der Kinder. Wenn zu Hause niemals ein Apfel oder eine Möhre auf den Tisch kommen, wissen die Kinder in der Kita damit auch nichts anzufangen.? Zugleich sieht der Minister ?gute Chancen?, dass Kinder auch das Gesundheitsbewusstsein von Eltern positiv beeinflussen können. Er betonte: ?Wenn das Kind zu Hause berichtet, wie lecker und abwechslungsreich gesunde Kost in der Kita ist, und wie viel Spaß Sport und Spiel an der frischen Luft machen, dann haben es Eltern schwer, allein mit Chips vor dem PC punkten zu wollen.? Ergebnisse im Einzelnen: Bronchitis Am häufigsten litten Kinder unter Infekten der oberen Atemwege, dabei an erster Stelle an Bronchitis. Die Erkrankungen nahmen aber im Untersuchungszeitraum seit 1991 bis 2014 in allen Untersuchungsorten ab. Vor allem von 1991 auf 2005 gab es einen deutlichen Rückgang von ehemals fast 57 Prozent auf rund 31 Prozent. Seitdem verändert sich der Wert kaum und lag zuletzt 2014 bei etwa 34 Prozent. Erkennbar ist, dass es nicht selten einen Zusammenhang zwischen der Bronchitis-Erkrankung eines Kindes und dem Leben in einer Raucherwohnung gibt. Allergische Erkrankungen Bei den allergischen Erkrankungen standen chronische Hauterkrankungen, also das Ekzem oder Neurodermitis, an erster Stelle. Hier stieg der Wert von 15,1 Prozent im Jahr 1991 zunächst auf gut 22 Prozent im Jahr 1999, was einen Höhepunkt markierte. Seitdem konnte eine Abnahme verzeichnet werden, zuletzt war wiederum das Niveau von 1991 erreicht. Über den Gesamtzeitraum 1991 bis 2014 gaben 16,5 Prozent der Eltern an, dass ihre Kinder wegen einer chronischen Hauterkrankung in ärztlicher Behandlung waren. Einen steilen Anstieg gab es in den 1990-er Jahren beim Heuschnupfen. Gaben 1992 lediglich 0,8 Prozent der Eltern an, dass ihr Einschulungskind unter Heuschnupfen leidet, so vervierfachte sich der Wert auf 3,2 Prozent im Jahr 1998. Seit 2001 gibt es wieder eine Abnahme, im Jahr 2014 sagten 1,8 Prozent der Eltern, dass ihr Kind an Heuschnupfen erkrankt sei. Zu berücksichtigen ist, dass die Einschulungsuntersuchungen ab 2006 um ein Jahr vorgezogen wurden, die Kinder also jünger sind. Heuschnupfen bricht erst später, im Alter von fünf oder sechs Jahren, das erste Mal aus. Über die Jahre deutlich zugenommen hat der Anteil der Kinder mit einer Hühnerei- beziehungsweise Kuhmilchallergie. So gaben 1994 lediglich 0,7 Prozent der Eltern an, dass ihr Kind unter einer Kuhmilchallergie leide, im Jahr 2012 hatte sich der Wert auf 2,1 Prozent verdreifacht. Ernährungszustand Über die letzten neun Jahre fast konstant gilt etwa jedes zehnte Vorschulkind als übergewichtig. Ihr Body-Maß-Index (Körpergewicht dividiert durch das Quadrat der Körpergröße) liegt höher als bei 90 Prozent der Vergleichsgruppe. Über die Jahre zugenommen hat der Anteil sehr übergewichtiger Vorschulkinder. Mussten 1991 etwa 0,6 Prozent der Kinder als extrem adipös eingestuft werden, waren dies 2005 bereits 3,3 Prozent. Im Jahr 2014 waren es 1,5 Prozent. Bei der Bewertung des Rückgangs muss berücksichtigt werden, dass die Einschulungsuntersuchungen seit 2006 ein Jahr eher durchgeführt werden, die Kinder also im Schnitt entsprechend jünger sind. Aus Schulreihenuntersuchungen in den 3. Klassen ist bekannt, dass ein erkennbarer Rückgang des Übergewichts bei Kindern nicht erkennbar ist. Ein Ergebnis ist auch, dass Kinder, die bereits mit einem höheren Geburtsgewicht (mehr als 4.000 Gramm) auf die Welt gekommen sind, die in einer Raucherwohnung leben oder deren Eltern über eine vergleichsweise geringe Bildung verfügen, deutlicher von Übergewicht betroffen sind. Hingegen neigen Kinder, die nach der Geburt länger als zwölf Wochen voll gestillt wurden, seltener zu Übergewicht. Stillverhalten Positiv hervorzuheben ist auch, dass immer mehr junge Mütter ihr Baby stillen. Der Anteil der Kinder, die mindestens 12 Wochen voll gestillt werden, stieg von 24,3 Prozent (1991) auf 45,6 Prozent (2014). Sie unterstützen damit nicht nur die gesunde körperliche Entwicklung ihres Kindes, sondern fördern auch die für eine gesunde psychische Entwicklung so entscheidende verlässliche Bindung zwischen Mutter und Kind. Über den Gesamtzeitraum hinweg wurden die Kinder laut Studie im Mittel 9,3 Wochen voll gestillt. Der Wert liegt oberhalb des statistischen Durchschnittswertes von 6 Wochen. Mütter mit geringem Bildungsabschluss sowie Mütter, die während der Schwangerschaft geraucht haben, stillen ihre Kinder deutlich seltener. Rauchen während der Schwangerschaft Zum Thema Rauchen in der Schwangerschaft gab es zwei gegensätzliche Entwicklungen. Hatten 1991 etwa 11,6 Prozent der befragten Mütter angegeben, auch während der Schwangerschaft geraucht zu haben, sank der Wert auf 5,9 Prozent im Jahr 1996. Danach stieg die Kurve wieder und lag 2014 mit 16,6 Prozent höher als vor 23 Jahren. Entscheidend auch an dieser Stelle ist der Bildungsabschluss der Mütter. Nur 3,8 Prozent der Mütter mit hoher Bildung rauchten während der Schwangerschaft, dagegen 34,8 Prozent der Mütter mit geringer Bildung. Passivrauchen Die Gesundheit von Kindern wird auch durch den Lebensstil der Eltern beeinflusst. Auf der einen Seite gibt es den positiven Trend, dass immer weniger Kinder in der elterlichen Wohnung Tabakrauch ausgesetzt sind (1991: gut 58 Prozent / 2014: 14 Prozent). Zugleich aber wird deutlich, dass in Raucherwohnungen heutzutage anders als Mitte der 1990-er vor allem die Mütter zur Zigarette greifen. Für 1994 war bilanziert worden, dass in Raucherwohnungen zu etwa 60 Prozent die Mutter und zu 70 Prozent der Vater raucht. Für den Einschulungsjahrgang 2014 liegen die Werte bei 73,5 Prozent für Mütter und gut 46 Prozent für die Väter. Seit 2006 werden die Eltern auch zum Freizeitverhalten und Fernsehkonsum ihrer Kinder befragt. Freizeitverhalten Insgesamt treiben 33,5 Prozent der untersuchten Kinder der Einschulungsjahrgänge 2011 bis 2014 regelmäßig Sport in einem Sportverein. Die Studie bilanziert eine Steigerung von 27,7 Prozent im Jahr 2007 auf 35,4 Prozent im Einschulungsjahrgang 2013, für 2014 ging der Wert auf 31,2 Prozent zurück. Etwa 22 Prozent der befragten Kinder nahmen an der musikalischen Früherziehung teil oder besuchten eine Musikschule. Fast 13 Prozent der Kinder in den Einschulungsjahrgängen 2011 bis 2014 belegten einen Sprachkurs. Die Zeitdauer, die dem Kind täglich zum Spielen im Freien zur Verfügung steht, wurde von den Eltern im Durschnitt mit 172 Minuten angegeben. Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus besuchten signifikant häufiger einen Sportverein (47,8 Prozent), eine Musikschule (38,6 Prozent) oder einen Sprachkurs (20,1 Prozent) als Mädchen und Jungen aus Familien mit niedrigem Sozialstatus (9,9 Prozent = Sportverein, 5,6 Prozent = Musikschule, 8,8 Prozent = Sprachkurs). Fernsehkonsum Durchschnittlich schauen Kinder 61 Minuten pro Tag Fernsehen, wie die Auswertung der Befragungen 2007 bis 2014 ergab. In Familien mit niedrigen Sozialstatus war ein höherer Fernsehkonsum (75 Minuten täglich) gegenüber Familien mit hohem Sozialstatus (47 Minuten) erkennbar. Kinder, die beispielsweise eine Musikschule besuchen, sehen im Durchschnitt pro Tag fast neun Minuten weniger fern. Einzelkinder sowie Kinder in Haushalten, in denen Eltern rauchen, sitzen durchschnittlich länger vor dem Fernsehgerät. Kinderbetreuung Nahezu jedes nach 2000 eingeschulte Kind in Sachsen-Anhalt hat vor der Schule irgendwann eine Krippe oder einen Kindergarten besucht. Die statistische Auswertung der Befragungen 2000 bis 2014 ergab, dass lediglich eines von 100 Kindern niemals in einer Kindertagesstätte war. Fast 50 Prozent der Eltern gaben an, ihr Kind im Alter von einem Jahr das erste Mal in eine Kita gegeben zu haben. Rund 96 Prozent der Kinder besuchten ab einem Alter von drei Jahren einen Kindergarten. Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus besuchten häufiger bereits mit einem halben Jahr eine Krippe. Kinder, die nie oder erst im letzten Jahr vor der Einschulung eine Kita besuchten, sind häufiger übergewichtig. Die komplette Schulanfängerstudie ist im Internet auf den Seiten des Landesamtes für Verbraucherschutz unter www.verbraucherschutz.sachsen-anhalt.de veröffentlicht. 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